Archiv der Kategorie: Bahnreisen

Im Nachtzug

Das Gedicht „Im Nachtzug“ stammt von Gerhart Hauptmann (1862-1946)

Es poltert der Zug durch die Mondscheinnacht,
die Räder dröhnen und rasen.
Still sitz’ ich im Polster und halte die Wacht
unter sieben schnarchenden Nasen.
Die Lampe flackert und zittert und zuckt,
und der Wagen rasselt und rüttelt und ruckt,
und weit, wie ins Reich der Gespenster,
weit blick’ ich hinaus in das dämmrige Licht,
und schemenhaft schau’ ich mein blasses Gesicht
im lampenbeschienenen Fenster.

Da rast es nun hin mit dem brausenden Zug
an Wiesen und Wäldern vorüber,
über Mauern, Stakete und Bäume im Flug,
und trüber blickt es und trüber.
Und jetzt, wahrhaftig, ich täusche mich nicht,
jetzt rollen über mein Schattengesicht
zwei schwere und leuchtende Tränen.
Und tief in der Brust klingt es und singt’s,
und fiebernd das Herz und die Pulse durchdringt’s,
ein wildes, ein brennendes Sehnen.

Ein Sehnen hinaus in das Mondscheinreich,
das fliegend die Drähte durchschneiden.
Sie tauchen hernieder und steigen zugleich,
vom Zauber der Nacht mich zu scheiden.
Doch ich blicke hinaus, und das Herz wird mir weit,
und ich lulle mich ein in die selige Zeit,
wo nächtlich tanzte am Weiher
auf Mondlichtstrahlen die Elfenmaid,
dazu ihr von minniger Wonne und Leid
der Elfe spielte die Leier.

Der Elfe, er spielte die Leier so schön,
die Graslein mussten ihm lauschen,
der Mühlbach im Sturze vernahm’s und blieb stehn,
vergessend sein eigenes Rauschen.
Maiblume und Rotklee weineten Tau,
und wonnige Schauer durchbebten die Au,
und Sänger lauschten im Haine.
Sie lauschten und lernten vom Elfen gar viel
und stimmten ihr duftendes Saitenspiel
so zaubrisch und rein wie das seine.

Vorüber, vorüber im sausenden Takt!
Kein Zauber nimmt dich gefangen,
der du schwindelhoch über den Katarakt
und tief durch die Berge gegangen.
Du rasender Pulsschlag der fiebernden Welt,
du Dämon, der in den Armen mich hält
und tragt zu entlegener Ferne!
Ich bliebe so gerne im Mondenschein
und lauschte so gerne verschwiegen allein
der Zwiesprach’ seliger Sterne!

Rauchwolken verhüllen das dämmernde Bild
und schlingen weisswogende Reigen.
Doch unter mir stampft es und schmettert es wild,
und unter mir will es nicht schweigen.
Es klingt wie ein Ächzen, es rieselt wie Schweiß,
als schleppten Zyklopen hin über das Gleis
den Zug auf ehernen Armen.
Und wie ich noch lausche, beklommen und bang,
da wird aus dem Chaos Donnergesang,
zum Grauen zugleich und Erbarmen.

„Wohl sind wir ein rauhes, blutdürstend Geschlecht,
mit schwieligen Händen und Herzen.
Doch gebt uns zum Leben, zum Sterben ein Recht
und nehmt uns die Last unsrer Schmerzen!
Ja, konnten wir atmen, im keuchenden Lauf,
nur einmal erquickend, tief innerlich auf,
so, weil du den Elfen bewundert,
so sangen wir dir mit Donnergetön
das Lied, so finster und doch so schon,
das Lied von unserm Jahrhundert!

Willst lernen, Poetlein, das heilige Lied,
so lausche dem Rasseln der Schienen,
so meide das schläfrige, tändelnde Ried
und folge dem Gang der Maschinen;
beachte den Funken im singenden Draht,
des Schiffes schwindelnden Wolkenpfad,
und weiter, o beuge dich nieder
zum Herzen der Armen, mitleidig und mild,
und was es dir zitternd und weinend enthüllt,
ersteh’ es in Tönen dir wieder!“

Es poltert der Zug durch die Mondscheinnacht,
die Räder dröhnen und rasen.
Still sitz’ ich im Polster und halte die Wacht
unter sieben schnarchenden Nasen.
Die Lampe flackert und zittert und zuckt,
und der Wagen rasselt und rüttelt und ruckt,
und tief aus dem Chaos der Töne,
da quillt es, da drangt es, da perlt es empor
wie Hymnengesänge, bezaubernd mein Ohr,
in erdenverklärender Schöne.

Und leise aufschwillt es, und ebbend verhallt’s
im schmetternden Eisengeklirre.
Und wieder erwacht es, und himmelauf wallt’s
hervor aus dem Tönegewirre.
Und immer von neuem versinkt es und steigt.
Und endlich verweht’s im Tumulte und schweigt
und labt mir ein heißes Begehren,
das sinneberückende Zaubergetön
von himmlischen Lenzen auf irdischen Hohn
zu Ende, zu Ende zu hören.

„Wir tragen euch hin durch die duftende Nacht,
mit keuchenden Kehlen und Brüsten.
Wir haben euch güldene Häuser gemacht,
indessen wie Geier wir nisten.
Wir schaffen euch Kleider. Wir backen euch Brot.
Ihr schafft uns den grinsenden, winselnden Tod.
Wir wollen die Ketten zerbrechen.
Uns dürstet, uns dürstet nach eurem Gut!
Uns dürstet, uns dürstet nach eurem Blut!
Wir wollen uns rächen, uns rächen!“

Achtung Stromschlag !!!!

Aus aktuellem Anlass auch hier die Warnung an alle Bahnfahrer*innen:

Bevor Sie die Netzsteckdose in Ihrem Zug verwenden, nehmen Sie diese bitte in Augenschein !
Und zwar wirklich nur mit den Augen; berühren Sie die Steckdose nicht mit Händen oder Gegenständen !

Grund dieser Warnung sind Ereignisse in den letzten Wochen, die nahelegen, dass Stromsteckdosen in Zügen bewusst manipuliert werden.

Mehrfach haben Menschen, die die Netzsteckdose (sie hat die übliche Haushaltsstromspannung von 240 V) in den Zügen nutzen wollten, einen Stromschlag erlitten. Die hinzugezogene Polizei konnte in mehreren Fällen feststellen, dass Metallstifte aus den Steckdosen ragten, die zum Stromschlag führten.

Seien Sie also vorsichtig und melden Sie solche manipulierten oder auch beschädigte Steckdosen umgehend dem Zugbegleitpersonal.

Quelle: https://bahnblogstelle.com/206902/bahnreisende-erleidet-stromschlag-im-zug-bundespolizei-warnt/

ÖBB-Nightjet Venezia-Stuttgart

Ein Erfahrungsbericht

Seit Dezember 2022 hat die ÖBB ihre Nightjet Verbindung von und nach Venedig bis Stuttgart ausgedehnt. War sie vorher ab München verfügbar, kann man jetzt ab Stuttgart im Liege- oder Schlafwagen die Lagunenstadt besuchen.

Nachdem bei meiner Frau der Test München – Venedig im Liegewagen (Viererabteil mit drei Personen besetzt) nicht sehr positiv ausgefallen war, wurde dieses Mal die Hinfahrt nach Venedig tagsüber mit dem
EC 85 München – Venedig absolviert

München Hbf 11:34
München Ost11:4211:44
Rosenheim12:1212:14
Kufstein12:3412:36
Wörgl Hbf12:4412:46
Jenbach12:5913:01
Innsbruck Hbf13:1813:24
Brennero/Brenner14:0014:14
Fortezza/Franzensfeste14:4414:46
Bressanone/Brixen14:5514:56
Bolzano/Bozen15:2715:31
Trento16:0216:04
Rovereto16:1716:19
Verona Porta Nuova16:5817:00
Vicenza17:2417:26
Padova17:4217:44
Venezia Mestre17:5818:00
Venezia Santa Lucia18:10
Fahrplan EC 85 München – Venezia

Kurz zu dieser Verbindung: Wir sind im Februar 2023 an einem Samstag gefahren und der Zug war ab München vollständig belegt. Wir hatten reservierte Plätze, was definitiv zu empfehlen ist, wird der Zug doch auch in dieser Jahreszeit von vielen Winterportlern bis Kufstein genutzt.

Doch zurück zu unserer Fahrt mit dem Nightjet NJ236

Abfahrt war um 21:05 Uhr am Donnerstagabend vom Bahnhof Venezia Santa Lucia, also direkt in der Lagunenstadt. Mit dem Vaporetto bis zum Bahnhof und dann in den Zug. Bequemer geht es wahrscheinlich nicht.

Für 200 Euro bei zwei Personen mit BahnCard 25 haben wir ein Schlafwagenabteil für zwei Personen gebucht

  • mit eigener Waschgelegenheit inkl. Handtuch und Toilettenartikel
  • Reservierung inkludiert und Abteil verschließbar
  • bezogenes Bett inkl. Decke, Laken und Kopfkissen
  • à la carte Frühstück (bis zu sechs „Artikel“ inklusive)
  • Weckservice zur gewünschten Uhrzeit

Als Steigerung gibt es noch das „Deluxe-Abteil“ mit Dusche und WC (ungefähr 50 Euro teurer)

Der Zug steht schon etwa 15 Minuten vor Abfahr bereit, so dass diejenigen, die rechtzeitig am Bahnhof sind, sich noch in Ruhe einrichten können.

Das Abteil ist vorbereitet, die Betten gemacht, eine Papiertasche mit Hausschuhen, Frühstücksliste, Mineralwasser, Kugelschreiber steht für jeden Gast bereit.

Eine kurze Einweisung in die „Technik“ (Beleuchtung, Heizung, Schliessmechanismus und Ruftaste), dann noch für jeden einen Begrüssungssekt und danach wird man – wenn man die Frühstückswunschliste ausgefüllt hat – in Ruhe gelassen.

Zumindest bis ca 4 Uhr am Morgen, wenn Zoll und Polizei ihre Runde machen und zur Überprüfung zur Öffnung der Schlafzimmertüre auffordern.

Die einen können danach wieder einschlafen, für andere war dann der Wurm drin, da sie die frühen Vögel waren, die keine Schlafphase mehr gefunden haben.

Dass in München Ost der Zugteil nach Wien abgetrennt wurde und Teile aus Zagreb und Budapest dafür dazu kamen, habe ich gar nicht mitbekommen.

Um kurz vor sieben wurden wir geweckt, danach wurde der Tisch installiert und das Frühstück serviert, damit wir genügend Zeit bis zu unserer Ankunft um 8:37 Uhr in Stuttgart hatten.

Fazit: Schlafwagen ist vielfach besser als Liegewagen und gegenüber dem normalen Zug auch nicht viel teurer.

Ich werde das Angebot sicher öfter nutzen.