Winterfest-festsitzen-sitzenlassen…

Plakat der Deutschen Bundesbahn 1966…Die berühmte Wortkette kann auch bei unserer „Börsenbahn“ gespielt werden. Im Jahre „175 Jahre Deutsche Eisenbahn“ ist der Nachfolger der „Deutschen Bundesbahn“ weiter denn je davon entfernt,  ein wetterunabhängiges Verkehrsmittel zu sein.

Noch Anfang diesen Jahres hat Bahnchef Rüdiger Grube gesagt: „Früher galt der Spruch ,Alle reden vom Wetter. Wir nicht‘. Dieses Versprechen konnten wir (…) nicht erfüllen. Genau da will ich wieder hin. Die Bahn muss auch bei Eis und Schnee verlässlich sein.“

Das Tief „Petra“ hat allen Verkehrsteilnehmern zu schaffen gemacht. In solchen extremen Situationen ist es auch kein Wunder, dass ein Konzern, der beim Wetter nur zwei Probleme hat, nämlich Sommer (zu heiss) und Winter (zu kalt und schneereich), auch in Mitleidenschaft gezogen wird.

Deshalb will ich auch in diesem Artikel nicht über die Verspätungen und Zugausfälle lamentieren (denn auch andere Verkehrsmittel wie Flugzeug und Auto sowie die Busse hatten ihre Problem), sondern über das Verhalten der „Deutschen Bahn AG“, wenn wirklich ein Zug stecken bleibt.

So geschehen am 16. Dezember 2011: Ein Stromausfall legte die Strecke zwischen Hamburg und Lübeck still. Unglücklicherweise befand sich auf dieser Strecke ein Regionalzug, der zwischen zwei Haltepunkten auch auf einmal stromlos und damit antriebslos wurde. Grundsätzlich mal ärgerlich, aber akzeptiert. Was aber dann geschah, ist eine Aneinanderreihung von Dingen, die sich die Bahn als Warenzeichen langsam eintragen lassen sollte: Keine Information, Keine schnelle Hilfe, keine Meldung an die Hilfskräfte, verschlafenes Krisenmanagement.

Aber der Reihe nach:
Ohne externen Strom gaben die Bordakkus relativ schnell den Geist auf, Heizung und Beleuchtung fielen aus. Was noch schlimmer war: Die Türverriegelung war immer noch aktiv, die Türen konnten nicht geöffnet werden. Da es keine Durchsagen gab, gab es auch keine Information (ein Zugbegleiter, der durch die Waggons geht, gibt es auf vielen Nahverkehrsstrecken nicht mehr). Die „Kunden“ sind auf sich gestellt. Von den rund 400 Fahrgästen  in den Waggons gerieten mehrere in Panik und  wollten die Scheiben einschlagen (kennen wir doch aus der „Klimaanlagenstory“ vom Sommer). Am Ende der Aktion mussten einige Fahrgäste mit Unterkühlungen und Kreislaufproblemen behandelt werden.

Die Feuerwehr konnte erst nach zwei Stunden etwa 150 Fahrgäste aus dem Zug holen.  Die restlichen Passagiere mussten noch zwei weitere Stunden ausharren.

Der Notfallmanager der Bahn ist erst nach zweieinhalb Stunden eingetroffen. Laut Bahn Sprecher Egbert Meyer-Lovis hat es viel zu lange gedauert, bis den Menschen geholfen wurde.  „Normalerweise sollte das in einer bis anderthalb Stunden gehen.“

Die Bahn listete dann Umstände auf, die zur Verzögerung führten: Wegen glatter Strassen konnten die Hilfsfahrzeuge nur mit 30 km/h fahren; eine Diesellok aus Hamburg die konnte aber wegen einer Weichenstörung nicht zu dem Regionalexpress gelangen. Ein weiterer Rettungsversuch mit einer Lok aus Bargteheide verzögerte sich dadurch, weil zwischenzeitlich Fahrgäste auf dem Gleis waren.

Heute wird alles gemanagt, Krisenmanagement, Notfallmanager etc.
Und trotzdem läuft es schlechter als in den Jahren der „Beamtenbahn“. Alle Gründe, die zur Verzögerung der Evakuierung des stillstehenden Zuges aufgeführt werden, zeigen, dass die Bahn nicht auf solche Fälle eingestellt ist.

Mit 250 Euro pro Passagier möchte man nun wieder „gut Wetter“ machen. Dies wird m.E. nicht gelingen, da Fahrgäste nicht käuflich sind. Es geht nicht um einen technischen Zwischenfall, sondern um die Art, wie mit diesen Zwischenfällen bei der Bahn AG umgegangen wird.

Bei Verspätungen und Zugausfällen sind die Fahrgäste auf sich gestellt, es gibt kein Personal, welches sich um die „Gestrandeten“ kümmert. Passiert etwas im Zug, gibt es keine Zugbegleiter, und wenn, sind sie überfordert, weil sie keine Entscheidungen treffen dürfen. Ausbildung für solche Situationen beim Bahnpersonal scheint es auch keine zu geben.

Wenn ich mir die ganzen Meldungen ansehe, dann komme ich zum Schluss, dass unsere Bahn nicht vorbereitet ist, um solche Zwischenfälle souverän zu meistern:

Im Sommer werden die Klimaanlagenausfälle heruntergespielt, die Tunnelrettungszüge sind nicht voll einsatzbereit, weil Lokführer fehlen, und im Winter wird zu lange gewartet, bis öffentliche Rettungsdienste informiert werden.
Und dann gibt es 250 Euro für die Angst, den Zeitverlust, den Ärger…

Ich warte auf positive Meldungen, in denen die Bahn zeigt, dass sie Fahrgäste nicht nur in „Stück“ zählt, sondern als Menschen behandelt.

Liebe Bahn AG: Es gibt Euch nur, weil es Menschen gibt, die mit euch fahren.

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