Stuttgart, 30. September 2010 – Ein Großaufgebot der Polizei hat die im Stuttgarter Rosensteinpark befindlichen Demonstranten, die gegen den geplanten Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes und den damit verbundenen Einschnitten in den Rosensteinpark dort campierten, unter Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Pfefferspray von dort „entfernt“
„Ich habe meinen Glauben an die Demokratie verloren“ -„Im Park ist Bürgerkrieg“ – „Tränengas wurde gegen Kinder versprüht“… Dies waren einige Aussagen gestern Abend am Nordportal des Stuttgarter Hauptbahnhofes. Die Reisenden mussten ihre Fahrausweise vorzeigen, um auf die Bahnsteige zu kommen, immer wieder fuhren Kolonnen blaulichtblinkender Fahrzeuge am Bahnhof(Abkürzung Bf.)
Bahnanlage mit mindestens einer Weiche, ... More vorbei Richtung Park. Dies noch abends um 23:30 Uhr, als ich von einer Reise in Stuttgart umsteigen musste.
Die Situation eskaliert
Die Menschen, die sich in der letzten Zeit rund um den Bahnhof(Abkürzung Bf.)
Bahnanlage mit mindestens einer Weiche, ... More aufhielten, waren schon immer für oder gegen Stuttgart 21, jetzt weicht die sachliche Diskussion zunehmend verbalen Angriffen, die von beiden Seiten alles andere als sachlich geführt werden. Insbesondere die Befürworter von Stuttgart 21, die sich am Nordportal aufhielten, glänzten mit Plasphemie. „Geht was arbeiten, Ihr lichtscheues Gesindel“ war zum Beispiel eine der Aussagen, die in Richtung der S21 Gegner geschleudert wurde, während diese den Polizeieinsatz vor allem gegen die Kinder als masslos überzogen beklagten.
Dass Schüler auf einem Polizeiauto herumstiegen und während der Eskalation im Rosensteinpark auch Gegenstände und sogar Bradnsätze gegen die Polizei flogen, stand heute morgen in der Zeitung.
Ich werde zunehmend unsicher bei dem Thema. Der Bau von Stuttgart 21 ist von unseren demokratisch gewählten Volksvertretern genehmigt worden, aber die Bevölkerung nicht sauber umfassend informiert. Dagegen regte sich schon lange Widerstand. Rechtlich war und ist alles abgesichert, bürgernah ist die ganze Geschichte nicht. Auch die jetzt sich auf die Seite der Protestierenden schlagenden Parteien waren nicht vehement genug gegen Stuttgart 21 in der Entscheidungsphase. Dass sie jetzt eine ausserparlamentarische Gegenströmung unterstützen, ist für das Demokratieverständnis nicht gerade fruchtbar.
Dass sich Bürger auf Grund der stückwerkhaften Information und der Kaltschnäuzigkeit gewisser Kreise zusammentun und ihren Unmut zeigen, ist Teil unserer Meinungsfreiheit.
Dass nun Abbrucharbeiten unter Polizeischutz und Baumfällarbeiten nach zwangsweiser Räumung erfolgen, hinterlässt bei mir ein zwiespältiges Gefühl. Auf der einen Seite ist das Recht bei Regierung und der Bahn AG, auf der anderen Seite gehören die Stuttgart 21 Gegner nicht in die Ecke der „Chaoten“ gedrängt, da sie – zumindest in der ruhigen, diskussionsorientierten Anfangsphase – mindestens genau so gute Argumente hatten, wie die Befürworter.
Jetzt wird aus „Stuttgart 21“ ein Projekt, welches nicht durch Überzeugung siegen wird, sondern durch die Macht des Stärkeren. Die Diskussionen und friedlichen Proteste werden bald mehr und mehr überschattet von Gewalt.
Wenn man die Bilder im TV zum Vorgehen der Polizei zu Stuttgart 21 sieht, denkt man nicht daran, dass dies in Stuttgart, im Musterländle ist. Das sieht eher nach Demonstrationniederschlagungen in Südafrika aus. Jetzt bin ich mal gespannt, wie die Politik aus dieser Nummer wieder rauskommt. Zur Zeit wird versucht, dass man Tatsachen schafft. Vielleicht schaffen die Wähler bei der nächsten Landtagswahl auch Tatsachen. Wir werden sehen.