Teil 1: Der Kampf um die eigene Bahnline

Im 19. Jahrhundert bildete die Textilindustrie die wichtigste Einnahme in diesem Gebiet. Der Rundwebstuhl wurde im „Talgang“ entwickelt, und die Orte lebten fast nur vom Textilgewerbe. Die Entwicklung der Industrie wurde durch das Fehlen einer Eisenbahnverbindung stark gebremst.

Im Jahre 1878 wurde die Staatbahnstrecke Balingen – Ebingen eröffnet, diese bald bis Sigmaringen verlängert; das Schmiechatal war jedoch noch immer nicht an die „restliche Welt“ angebunden. Die Produkte wurden mit Pferde- oder Ochsengespannen nach Ebingen transportiert, was den direkt an der Staatsbahn gelegenen Unternehmen natürlich einen Vorsprung vor ihren Konkurrenten verschaffte.

Im Mai 1889 reichten Vertreter der Gemeinden Onstmettingen, Tailfingen und Truchtelfingen an die Abgeordnetenkammer die Bitte ein, eine Eisenbahnstrecke von Ebingen nach Onstmettingen zu bauen.
Obwohl die Strecke von der Kgl. Zentralstelle für Handel und Gewerbe befürwortet wurde, lehnte der württembergische Staat den Bau ab, da er befürchtete, dass die Strecke keinen Gewinn abwerfe.

Die Situation wurde immer unbefriedigender, und so bildete sich im Jahre 1897 in Onstmettingen ein Eisenbahnkomitee unter dem Fabrikanten Conzelmann zur Rose. Ausser diesem waren elf weitere Fabrikanten, drei Schultheissen und einige Gemeinderäte im Komitee.
Die neu ausgearbeitete Eingabe des Komitees wurde am 29.01.1897 an die Generaldirektion der Königlich Württembergischen Staatseisenbahn (KWStE) gerichtet. In der Eingabe sind interessante Details der damaligen Industrie im Talgang aufgeführt:

Die Industrie im Talgang Stand 29.01.1897
(laut der Eingabe an die KWStE)

  • Onstmettingen
    • 1 größere Trikotagenfabrik
    • 6 feinmechanische Werkstätten
  • Tailfingen
    • 10 Trikotfabriken mit Motor- und Dampfbetrieb
    • 30 Trikotfabriken mit Handbetrieb
  • Truchtelfingen
    • 2 Trikotfabriken mit Dampfbetrieb
    • 3 Trikotfabrien mit Handbetrieb
  • Täglich fahren 150 Arbeiter aus Onstmettingen, Tailfingen und Truchtelfingen nach Ebingen

Schon knappe sechs Wochen nach der Eingabe, am 15. März 1897 kam die Antwort aus Stuttgart, dass der Bearbeitung des Projektes keine Hindernisse im Wege ständen.
Dieser Sinneswandel in Stuttgart kann nur damit erklärt werden, dass der Staat Württemberg einige Jahre vorher vom reinen Staatsbahnprinzip Abstand genommen hatte und somit auch private Unternehmen zum Bahnbau und -betrieb zugelassen waren. Dies war auf Betreiben des damaligen Staatsrates von Balz geschehen.

Im Juli 1899 waren die Planungen und Verhandlungen für den Bau abgeschlossen und die Staatsregierung legte der Abgeordnetenkammer den Gesetzentwurf vor.
Dieser sah für den Bau und den Betrieb der Strecke die erst 1899 neu gegründete WEG (Württembergische Eisenbahn Gesellschaft) vor.
Der Bau konnte im Frühjahr 1900 in Angriff genommen werden.

Die gesamte Trassierung erwies sich als ziemlich problemlos, lediglich in Ebingen musste die Trasse über einen 275 Meter langen Viadukt geführt werden, der sogar in einer langen Linkskurve lag. Hinzu kam noch, dass ein Haus dem Viaduktbau im Wege stand. Dieses Haus wurde wurde jedoch nicht abgerissen, sondern verschoben und auf ein neues Fundament gesetzt.
Nach etwas mehr als einem Jahr wurde im Juli 1901 die Strecke polizeilich abgenommen und eröffnet.

Teil2: Die Geschichte der Talgangbahn

Quelle: Hermann Bürnheim (Herausgeber Wolfgang Fiegenbaum)
WEG Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft
Motorbuch Verlag Stuttgart1986

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