Einführung

Auf der Schwäbischen Alb liegen im Tal der Schmiecha die Orte Onstmettingen, Tailfingen, Truchtelfingen und Ebingen. Diese drei Orte wurden in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts im Zuge der Gebietsreform mit weiteren Orten zur Stadt Albstadt.
Im 19. Jahrhundert bildete die Textilindustrie die wichtigste Einnahme in diesem Gebiet, das vom Volksmund auch „Talgang“ genannt wird.
Die „Talgangbahn“ wurde bereits 1889 beantragt, vom Königreich Württemberg jedoch abgelehnt, da die Strecke nicht gewinnbringend sei.

Lok 10 auf der Talgangbahn

Am 11. Juli 1901 war es soweit; der Eröffnungszug weihte die Strecke ein. Für die WEG entwickelte sich der Verkehr auf der Stichbahn so gut, daß es in den dreißiger Jahren zu einem Angebot an die im Talgang ansässigen Textilfabriken kam:
In der Vorweihnachtszeit, wenn das Frachtaufkommen an „Schlupfhosen“ und Unterhemden besonders hoch war, wurde ein aus Gepäckwagen bestehender Sonderzug zusammengestellt, den in Ebingen die Reichsbahn übernahm. Die Waggons wurden den D-Zügen beigestellt, und so war eine schnelle Kundenbelieferung gewährleistet. Natürlich hatte dieser „Sonderzug“ auch gleich einen speziellen Namen – der „Trikotagenexpress“ war geboren.

T 09 der WEG Februar 1991
T 09 der WEG Februar 1991

Im Jahre 1964 endete der Dampfbetrieb auf der Talgangbahn.
Im Bahnhof Onstmettingen sind seit diesem Zeitpunkt nur noch ein Triebwagen, ein Beiwagen und ein Steuerwagen, der aus einem Beiwagen umgebaut wurde, stationiert.
Der Triebwagen VT09 ist aus dem Jahre 1956 und wurde von der Firma Fuchs gebaut. Im Jahre 1963 erhielt er einen neuen Aufbau von Auwärter. Der „Triebel“ arbeitete 35 Jahre auf der Talgangbahn und legte auf der 8 km langen Strecke genau 573 042 Kilometer zurück. Die letzte Hauptuntersuchung erhielt er im Jahre 1997.
Der Betrieb der Talgangbahn wurde am 29. Juli 1998 eingestellt. Die letzte Fahrt war ein Schülerzug, der um 11:47 Uhr als Leerfahrt in Onstmettingen startete und planmäßig in Ebingen um 12:09 Uhr seinen Dienst aufnahm. Um 12:33 Uhr war der Zug 210 wieder in Onstmettingen und wurde ein letztes Mal in den Schuppen gefahren.

Die Talgangbahn und der “Triebel” wurden von mir regelmässig während meines Schulbesuchs im Gymnasium Tailfingen benutzt. Hier ein kleiner, persönlicher Erlebnisbericht.

Im Februar 2001stehen die Fahrzeuge der Talgangbahn im Bahnhof Untergröningen. Der Zustand läßt vermuten, daß die Fahrzeuge nicht mehr eingesetzt werden sollen.

Im Februar 2001 stehen die Fahrzeuge der Talgangbahn im Bahnhof Untergröningen.
Der Zustand läßt vermuten, daß die Fahrzeuge nicht mehr eingesetzt werden sollen.

Schülerzüge waren seit langem schon die einzigen Fahrten, die auf der Talgangbahn durchgeführt wurden. Während der Schulferien ruhte der gesamte Schienenverkehr.
Die Einstellung des Verkehrs wurde vor allem wegen der notwendigen Sanierungsmaßnahmen auf der Bahnstrecke unabwendbar. Der Oberbau ist sanierungsbedürftig, und im Stadteil Ebingen wurde durch umfangreiche Straßenführungsarbeiten ein neuer Bahnübergang fällig. Des weiteren benötigen die Betonbrücken, die seit 1901 stehen, neue Abdeckungen. Kernbohrungen haben jedoch ergeben, daß die Bauwerkssubstanz noch gut ist.
Da die WEG den gesamtem Talgangbetrieb auf der Schiene wirtschaftlich unter Eigenregie betrieben hat (Ausnahme war eine Fahrt zum Schulzentrum nach Tailfingen), spielten in erster Linie wirtschaftliche Aspekte gegen den weiteren, investitionsträchtigen, Betrieb.

Der Güterverkehr war das Standbein der Talgangbahn; im Grunde wurde sie deswegen gebaut. Seit 1991 war der Transport von Gütern (Stückgut), von 7048 Tonnen auf 1644 Tonnen im Jahr 1995 zurückgegangen. Seit 1996 wird Kleingut von der DB AG per LKW nach Reutlingen gefahren, und damit war der Stückgutverkehr auf der Talgangbahn beendet.Bahnhof Truchtelfingen
Interessanterweise hatte der Wagenladungsverkehr seinen Tiefpunkt 1994, wo gerade einmal 73 Tonnen verzeichnet wurden. Im Jahre 1997 wurden dagegen 2618 Tonnen bewegt. Dies war dann meist ein Kesselwagen, der in Onstmettingen zugestellt wurde.

Mit zuletzt 215000 DM Einnahmen pro Jahr sind die Sanierungkosten, die ca 15 Millionen DM betragen, laut DEG (Connex) nicht zu tragen. Und deshalb rosten die Schienen seit jenem 29.Juli 1998 vor sich hin.

Im Jahre 2000 verkaufte die EnBW ihren Anteil von 40 Prozent an der DEG an den seit 1996 mit 60 Prozent beteiligten französischen Konzern Vivendi, der dadurch zum Alleineigentümer wurde.
Die WEG wurde, wie alle Tochterunternehmen der DEG, in die Vivendi-Tochtergesellschaft Connex Verkehr GmbH eingegliedert. Von 2006 bis zum 15. März 2015 firmierte Connex in Deutschland unter dem Namen Veolia Verkehr, seither unter Transdev GmbH.

Teil 1: Der Kampf um die eigene Bahnline
Teil2: Geschichte der Talgangbahn
Aus für die Talgangbahn?! (Stand Oktober 2002)

Fotos © Jörg Wagner
Quelle: Modelleisenbahner 10/98

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